Während sich Kassandra in der heißen Badewanne entspannte
räumte Gaby den Frühstückstisch ab und machte die Küche wieder sauber. Sie war
ja selber schuld. Sie hatte Valerie in
ihr Zimmer geschickt ohne das sie vorher abgeräumt hatte. Nun musste sie es
halt selber machen. Nach dem sie alles abgeräumt hatte und auch sauber gemacht
worden war. Dann schaute sie in den Kühlschrank
und fand eine Flasche Isotonisches Getränk. Sie nahm sie raus und ging damit in
das Zimmer von Valerie. Die Tür war offen und Valerie lag auf der Couch auf dem
Bauch. Sie hatte geweint, das sah Gaby auf den ersten Blick also setzte sie
sich neben Valerie auf das Bett und streichelte sanft ihren Rücken.
„Alles ok, Kleines?“
„Nein, nichts ist ok. Es ist ein besch….. Gefühl die Menschen die einem so wichtig
geworden sind so zu enttäuschen. Erst recht jetzt wo ich weiß, das Du das
gleiche empfindest.“
„Valerie, die Enttäuschung wird vergehen und nach deinem
Arrest ist alles vergeben und vergessen. Wir fangen dann bei Null an. Wie nach
jeder Strafe.“
„Kuschelst Du mit mir ein wenig? Ich brauche Dich….Mum!“
Valerie Bitte war von Unsicherheit geprägt, sie wusste
nicht wie es weitergehen sollte, sie wusste nur eines, wenn sie nun nicht
jemanden spüren würde der sie liebte würde sie nur noch heulen. Und Gaby merkte
das Valerie dann genau daran zerbrechen würde. Also legte sie sich zu ihr ins
Bett und sofort kuschelte sich Valerie bei ihr ein.
Während dessen lag Kassandra in der Badewanne und dachte
nach. Sie dachte über das Geschehen in Valeries Wohnung nach, sie dachte
darüber nach was hier passiert war. Auf eine merkwürdige Art und Weise entstand
hier gerade eine neue Familie und es sah so aus als ob Kassandra das
Familienoberhaupt war. Denn so kam sie sich gerade vor. Valerie suchte ihren
Halt bei Gaby und Gaby wollte den Halt
von Kassandra. Nur womit sie selber nicht klar kam, war das Valerie auch von Kassandra
Halt suchte. Auf eine Art die Kassandra noch verstehen musste. Sie verstand es
nicht. Doch sie verstand es sehr gut. Aber wollte sie es wirklich. Sie hatte
sich gerade erst vor 3 Jahren damit abgefunden, das sie niemals eine Familie
haben würde. Sie würde die letzte sein. Kassandra lag in der Badewanne und
spürte wie ihr langsam die ersten Tränen die Wangen runter liefen. Zu sehr tat
es weh. Zu sehr bereute sie. Nein sie bereute nichts. Es war richtig gewesen,
ansonsten hätte sich ihre Dienstzeit verlängert und sie hätte Gaby noch nicht
wieder gefunden. Es war richtig wie es war. Aber die Entscheidung und ihre
Folgen, die taten immer noch weh.
Irgendwann war das Wasser in der Wanne kalt und Kassandra
fror. Sie beschloss aus der Wanne zu steigen, legte sich das grosse rote
Badetuch um den Körper und blieb noch eine Weile auf der Badewanne sitzen. Dann
raffte sie sich auch und meinte:
„Das bringt nichts, die Schatten der Vergangenheit kann
niemand besiegen.“
Also ging sie aus dem Badezimmer zu Valerie´s Zimmer, sie wollte einfach mal nach ihr
sehen. Und was sie sah erwärmte ihr Herz. Valerie schlief in Gaby´s Armen. Und
auch Gaby schien zu schlafen. Kassandra
wollte gerade den Raum wieder verlassen als Gaby sie ansah und flüsterte:
„Na, wie war dein Bad, Schatz?“
„Herrlich, willst Du auch ins Bad?“
„Sehr gerne, aber Du hast sicher das ganze heisse Wasser
verbraucht.“
„Nein wir haben seit Montag doch ne neue Therme und einen
grösseren Warmwasserspeicher. Musste sein wegen den Duschen im Dojo. Der alte war
marode.“
„Super dann gehe ich eben ins Bad. Bleibst Du bitte bei
Valerie? Sie braucht uns.“
Kassandra verzog das Gesicht. Aber dann blinzelte Valerie
sie halbschlafen an.
„Bitte lass mich nicht alleine Kassandra.“
„Das ist aber genau der Sinn von Stubenarrest, das Du
Zeit hast darüber nachzudenken, warum Du den Hausarrest hast.“
Valerie schluchzte, sie fühlte sich einfach nur einsam
und wollte nicht mehr einsam sein.
Kassandra setzte sich näher an Valerie, nahm ihre Hand
und schaute ihr tief in die Augen. Sie konnte in den Augen ihre Einsamkeit
sehen und auch die Sehnsucht nach Geborgenheit. Sie räusperte sich und sprach
dann zu ihr.
„Valerie, wenn Du wirklich einsam wärest, wenn Du
wirklich alleine wärest. Meinst Du das Du dann hier bei uns wärest?“
„Was meinst Du?“
Valerie war unsicher. Sie wusste nicht worauf Kassandra
raus wollte. Sie schlug die Augen zu und Gaby und Kassandra konnten ihre
Unsicherheit merken.
„Ich weiss es nicht. Was meinst Du?“
„Ich meine das dieser Arrest nur deswegen da ist, weil Du
eben nicht alleine bist. Die Tage deiner Einsamkeit sind vorbei.“
Kassandra gab Valerie einen Kuss auf die Stirn und
schaute sie dann liebevoll an. Ihr Blick war sanft und zärtlich. Gaby wurde
richtig warm ums Herz.
„Ich gehe nun eine heisse Dusche nehmen. Danach kann ja
Valerie auch ins Bad gehen.“
Gaby stand auf und verließ das Zimmer in Richtung
Badzimmer. Kassandra blieb noch eine
Weile bei Valerie sitzen nur um ihr einen Moment lang Zeit zu geben, das eben
gesagte zu verarbeiten. Als sie dann aufstand, hörte sie von Valerie ein
leises:“Danke!“
„Gerne geschehen, kleines.“
Kassandra wuselte Valerie durch´s Haar und verließ dann
den Raum. Kurz vor der Tür sagte sie dann noch mal zu Valerie.
„Ich gehe ein wenig ins Dojo zum trainieren. Wenn
irgendetwas ist. Irgendetwas passiert kannst Du zu mir kommen.“
„Fein es ist etwas. Ich will nicht alleine sein!“
Valerie zog eine künstliche Flunsch und tat so als wenn
sie beleidigt war. Kassandra lachte auf
und verließ Valerie´s Zimmer.
Valerie lag alleine im Zimmer und dachte nach. Was war
hier passiert? Was passierte in ihrem Leben gerade. Sie war definnitiv nicht alleine. Auch wenn sie gerade alleine
in einem Zimmer war. Das war einfach gerade wohl eine der Folgen ihrer neuen Familie. Denn trotz dieses
Alleinsein fühlte sie sich beschützt. Nein genau deswegen fühlte sie sich
gerade beschützt. Hier liebte sie jemand so sehr, das dieser Mensch ihr Grenzen
setzte damit sie sich nicht selber schaden zu fügen würde. Sie versuchte es zu
verarbeiten und dennoch es fühlte sich hart an, es fühlte sich beschissen an.
Sie wollte etwas mehr Freiheit haben. Irgendwann schlief sie ein. Alle ihre
Gedanken schliefen ein. All ihr Sorgen verschwanden im Schlaf.
So lag sie da noch als Kassandra nach ihr schaute. Sie
hatte sich einen weissen Gi angezogen und trug darüber den schwarzen Hakama.
Auch wenn sie nun für sich alleine trainierte die Etikette würde sie im Dojo
waren. Als sie aber sah das Valerie schlief, ging sie noch mal ins Wohnzimmer.
Sie kniete sich vor dem Schrank im Wohnzimmer nieder, zog eine der Schubladen
auf und griff hinein. In ihrer Hand hielt sie eine Babyfon-anlage. Das Mikrofon
stöpselte sie in Valerie´s Zimmer ein. Und Empfänger nahm sie mit ins
Dojo. Sie stöpselte ihn beim Tresen in
eine Steckdose und machte dann ihre Verbeugung zur Matte.
„Rei!“
„Rei!“
Dann begann sie ihre erste Kata. Eine Kata bestehend nur
aus Würfen.
In der Zwischenzeit war Gaby unter die Dusche gegangen
und versuchte bei dem heissen Wasser ab zu schalten. Himmel das tat gut.
Kassandra hatte nicht gelogen. Das Wasser war wirklich heiss und es tat so gut.
Unter der Dusche fielen dann alle ihre Sorgen ab, auch ohne das sie mit
Kassandra reden musste, hatte ihre Partnerin richtig reagiert und ihr die
Chance gegeben. Der Preis dafür war nun eine Familie. Gaby würde bei allem was
sie nun tat auch an Valerie denken. Sie würde ihr Leben etwas umstellen müssen.
Denn sie würde nicht wollen, das sie für Valerie ein schlechtes Vorbild
wäre. Dann fragte sie sich, warum.
Durfte sie dann überhaupt nicht mehr leben? Musste sie nur Mutter sein? Durfte
sie nicht mehr selber leben? Was würde
sie nun erwarten und würde Kassandra nicht wieder irgendwann aus ihrem Leben
verschwinden, weil es ihr zuviel werden würde. Diese Gedanken machten ihr
Angst. Sie atmete tief durch und drehte
das heisse Wasser etwas mehr auf. Sie
schäumte die Haare ein und begann damit ihr Reinigungsritual.
Während Kassandra in ihrer Wurfkata gerade beim Übergang
des Kata-Ashi-Doris zum Kata-Guruma
arbeite wurde sie auf einmal aus dem Mushin gerissen. Denn das Babyfon war
angegangen und sie hörte wie Valerie telefonierte.
„Jawohl Herr Maternus. Nein, ich bin bei meiner Fa… bei
Freunden und ich werde das Haus nicht verlassen.“
….. Dann war Stille und Kassandra hörte nur wie Valerie
antwortete:
„Dann kommen Sie doch bitte hierher ins Dojo von
Kassandra Heinze Herr Komissar.“
Kaum das Kassandra diese Worte gehört hatte, rannte sie
los und stand auch schon in Valeries Zimmer. Dieser nahm sie das Handy wortlos
aus der Hand und sagte begann mit dem Gegenüber zu sprechen:
„Kassandra Heinze hier.“
„Hallo Frau Heinze, mein Name ist Frank Maternus. Ich bin
Kriminalhauptkommissar.“
„Was kann ich für Sie tun Herr Maternus?“
„Im Treppenhaus von Frau Brandt wurde ein Mann tot
aufgefunden und nach wir ermitteln wegen des Verdachtes der schweren
Körperverletzung oder vielleicht sogar des Mordes.“
„Und was kann Frau Brandt da für Sie tun?“
„Nun ja wir können nachweisen das der Tote bei ihr über
Treppengeländer gefallen ist. Und das bringt uns dazu das wir eine Aussage von
Frau Brandt benötigen.“
„Die können Sie haben, allerdings nur in meinem Beisein
und hier in meinen Räumen. Frau Brandt ist das Opfer krimineller Machenschaften
und nicht die Schuldige.“
„Verzeihen Sie mir aber ihre Akte und die Aussage ihres
Anwaltes stellen sie in einem anderen Licht da.“
„Ihr Anwalt? Frau Brandt hat noch keinen Anwalt
beauftragt.“
„Doch Herr Ralf Moser,
war vor etwa 30 Minuten bei uns und hat uns gesagt das Frau Brandt
Aussagen wird. Sie würde auf sein Anraten zu uns ins Präsidium kommen.“
Kassandra kochte innerlich. Schon wieder pfuschte dieser
Winkeladvokat in Valeries Leben. Das musste aufhören. Nur wie?
„Hören Sie. Frau Brandt hat Herrn Moser das Mandat schon
vor langer Zeit entzogen.“
„Das müsste sie mir dann aber schon selber sagen, ganz
abgesehen davon das Herr Moser ein renomierter Anwalt und Strafverteidiger ist.
Warum sollte er also hierher kommen und uns extra Bescheid sagen?“
„Herr Maternus, das erklären wir Ihnen sehr gerne
allerdings bitte ich Sie, das Sie mich in meinem Dojo in der Friedensstr. 120
aufsuchen. Frau Brandt wird Ihnen alle Fragen beantworten ebenso ich und Frau
Moser.“
„Frau Moser? Gaby Moser? Genau woher kennen Sie meine
Freundin?“
„Wir kennen uns aus der Zeit als ich noch beim
Einbruchsderzenat war. In Frau Mosers Wohnung wurde damals eingebrochen.“
„Ah, und wann war das?“
„Das war vor 3 Jahren und damals haben wir die Einbrecher
erwischt, Frau Moser musste einen Teil ihres Eigentums identifizieren.“
„Ok können Sie in einer Stunde hier sein? Dann werden
alle Beteiligten fertig sein und wir können zusammen reden.“
„Selbstverständlich. Friedensgasse 120 ?“
„Genau das Ran Dojo.“
„Ich werde da sein, und danke Frau Heinze.“
„Keine Ursache.“
Valerie schaute unsicher auf Kassandra.
„Hab ich was falsch
gemacht?“
„Hm lass mich überlegen? Du hast Computerverbot?“
„Ja!“
„Du hast Fernsehverbot?“
Gaby konnte nur stumm nicken.
„Ich erwarte verbale Antworten in ganzen Sätzen.“
Unsicher starrte Valerie Kassandra an.
„Also Fräulein?“
„Also Fräulein?“
„Ja ich hab Fernsehverbot!“
„Du hast Telefonverbot?“
„Ja auch das habe ich.“
„Und Du hast Handyverbot oder irre ich mich?“
„Nein Du irrst nicht.“
„Gut das bedeutet keine SMS, Kein Whats Ap und erst recht
kein Telefonieren. Hab ich Recht.“
„Ja hast Du.“
Valerie war zerknirscht sie begriff das sie etwas falsches getan hatte. Und es tat ihr leid, aber sie wollte nicht schon wieder bestraft werden. Sie ging auf Kassandra zu und schaute ihr in die Augen, schüchtern, verängstigt.
Valerie war zerknirscht sie begriff das sie etwas falsches getan hatte. Und es tat ihr leid, aber sie wollte nicht schon wieder bestraft werden. Sie ging auf Kassandra zu und schaute ihr in die Augen, schüchtern, verängstigt.
„Bitte sag es nicht Mum. Sie muss nicht schon wieder verletzt
werden, nur weil ich Mist gebaut habe.“
„Doch das muss sie, denn wenn Du die Anrede eben ernst
meinst, dann muss sie genau das wissen. Wir DREI reden heute Abend. MADAM!“
Es war unüberhörbar das Kassandra stinksauer war.
Als Gaby aus dem Bad kam sah sie wie Kassandra im Gi und
dem Hakama bei Valerie im Zimmer saß. Sie schaute zu Kassandra und zu Valerie
herüber. Erst ruhte ihr Blick besorgt auf Valerie und dann schaute sie zu
Kassandra herüber.
„Ist alles ok?“
„Nein, die Polizei
kommt in einer Stunde, sie wollen eine Aussage von Valerie wegen des Vorfalles
im Treppenhaus.“
Kassandra griff Gaby´s Hand und meinte dann leise zu ihr.
„Ich muss mit Dir reden, alleine!“
Gaby nickte nur und meinte dann zu Valerie.
„Ich rede mal kurz mit Kassandra dann bin ich bei Dir,
ok?“
„Ja, Mum!“
Valerie setzte sich aufs Bett und zog die Beine an und
schaute auf dem Fussboden.
Das würde wieder Ärger geben sie wusste es. Und dabei war
ihr schlechtes Gewissen gerade nicht gerade förderlich, sie brauchte ihren
Verstand und keine Emotionen wenn sie gleich eine Aussage machen musste.
Gaby und Kassandra gingen in Richtung Wohnzimmer und Gaby
machte natürlich wieder einen Abstecher in die Küche zur Kaffeemaschine,
schenkte sich einen Kaffee ein und fragte ihre Freundin.
„Willst Du auch einen?“
„Ja, gerne.“
Gaby schenkte 2 Kaffees ein. Und stellte sie auf die
Arbeitsplatte. Dann nahm sie ihren und ging zur Couch im Wohnzimmer. Sie setzte
sich auf die Couch. Kassandra setzte sich neben sie, ihre Hände umklammerten
den Kaffeepott. Sie schaute Gaby in ihre grünen Augen und wusste nicht wie sie
den Anfang machen sollte. Sie wollte mit Gaby über den Einbruch reden und über
den Kommissar. Sie hatte eine Ahnung das vielleicht Gaby´s Vater mehr wusste
als Gaby ahnte.
„Gaby, in ein paar Minuten kommt Kommissar Maternus her.
Er hat mir am Telefon erzählt Valerie hätte durch ihren Anwalt Bescheid geben
lassen, sie würde eine Aussage machen. Und so wie ich den Kommissar Maternus
verstanden habe, soll Valeries Stand bei der Polizei nicht der Beste sein. Ihr Anwalt ist übrigens……“
„….Sag nicht mein Vater?“
„Doch, das ist er.“
„Wir müssen ihn von Valerie wegbekommen, er soll nicht
auch noch ihr Leben ruinieren. Bitte hilf mir!“
In Gaby´s Augen standen die Tränen. Sie hatte Angst um
Valerie. Kassandra stellte ihren Kaffeepott auf den Tisch und beugte sich zu
Gaby rüber, nahm sie in den Arm und hielt sie dann einfach nur fest. Gaby liess
ihren Tränen freien Lauf. Bei Kassandra durfte sie schwach sein, durfte es
geniessen, sich fallen zu lassen und das war ein herrliches Gefühl. Sie merkte wie ihr Leben eine Balance bekam
und es tat ihr gut. Sie liess sich einfach nur fallen in den Moment.
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