Gaby
saß im Büro und trank ihren x-ten Kaffee, sie konnte es nicht glauben, aber in
ihrem Email- Postfach war tatsächlich diese Mail:
„Sehr
geehrte Frau Moser,
bitte
kommen Sie morgen um 15.00 Uhr in mein Büro. Wir müssen über die Vorgaben der
BVG zum Thema Gesundheit und Stornoquote reden. Diese Mail ist eine
Dienstanweisung!
Mit
freundlichen Grüßen
Rüdiger
Franzen
Vertriebsdirektor
Zenturion Versicherung“
Gaby
schluckte, nun war der Bock also fett, nun hatte sie echte Probleme, IHRE
Bezirksdirektion war in Gefahr weil ihr jemand das Geschäft madig machen
wollte. VERDAMMT !!! Musste dieser nörgelnde, machohafte Glatzkopf ausgerechnet
jetzt nerven!!! Gerade jetzt konnte sie das gar nicht gebrauchen.
„Frau
Brandt, sagen Sie bitte für morgen ab 14.00 Uhr alle Termine ab. Und tragen Sie
einen Termin in der Vertriebsdirektion ein.“
„Jawohl,
Frau Moser. Soll ich irgendetwas vorbereiten für den Termin mit Herrn Franzen?“
„Nein,
alles Notwendige hab ich bereits vorbereitet. Ich danke Ihnen. Sorgen Sie nur
dafür, dass Herr Fallner mich morgen Nachmittag hier vertreten kann.“
„Jawohl,
Frau Moser.“
Valerie
Brandt grinste. Es sah ganz danach aus, als würde ihre Chefin endlich ein wenig
Druck von oben bekommen. Sah fast so aus als würde ihre Mission hier bald
beendet sein. Und vielleicht wäre Sie dann endlich frei. Vielleicht würde sie
dann endlich ein neues Leben beginnen können.
Schnell
suchte sie die Nummer aus dem Wahlspeicher.
„Hallo
Herr Fallner, Valerie Brandt hier. Frau Moser sagt, ich soll Ihnen Bescheid
sagen, dass Frau Moser morgen Nachmittag eine Vertretung braucht.“
„Frau
Brandt, richten Sie doch bitte Frau Moser aus, dass ich morgen sehr gerne vorbeikomme.
Wann soll ich Frau Moser denn vertreten?“ Seine tiefe, sonore Stimme, gefiel
ihr wirklich gut. Mann, da wusste sie gleich warum der Mann so gut verkaufen
konnte.
„Frau
Moser hat ab 14.00 Uhr alle ihre Termine abgesagt.“
„Ja
gut, dann werde ich um 12.00 Uhr da sein. Richten Sie das bitte Frau Moser
aus!“
„Sehr
wohl, Herr Fallner.“
Mit
einem Klicken beendet Peter Fallner das Gespräch. Er mag dieses junge
Vorzimmerküken nicht. Also bloß nicht viel mit ihm abgeben.
Während
dessen saß Gaby Moser kreidebleich an ihrem Schreibtisch. Die Kundendaten der
Stornos wurden alle über eine IP ausgelesen. Doch wer kannte das Passwort. Wie
zum Henker kam jemand an das Passwort für IHREN PC. Gott verdammt, das durfte
einfach nicht wahr sein. Sie lehnte sich in ihrem Chefsessel zurück. Versuchte
abzuschalten.
„AUA!“,
zischte sie nur hervor. Verdammt das tut echt weh.“ Die Frau hat ne Handschrift
mein lieber Herr Gesangsverein.“
Sie
stand auf, ging zum Vollautomaten in ihrem Büro und machte sich schnell eine
Tasse Kaffee. Den brauchte sie jetzt. Sie konnte es einfach nicht glauben,
irgendwer hatte ihren PC geknackt. Aber wer und wie? Und viel wichtiger, wie
kam jemand an IHR persönliches Passwort. Schnell hatte sie den Kaffee aus. Und
instinktiv griff ihre Hand nach der Schublade in der ihr Wild Turkey Whiskey
stand. Sie machte die Schublade auf und holte die Flasche und den Whiskey raus.
Es war erst Mittag und bis abends würde der Alkohol eh wieder verflogen sein.
Doch kaum hatte sie den Verschluss in der Hand, schossen ihr die Gedanken an
gestern wieder durch den Kopf.
„ICH ERWARTE DAS
DU GAR NICHTS TRINKST!“
Diese
Worte hatten sich in ihr Hirn gebrannt und auch in ihren Hintern.
„Was
soll´s, dann nehm ich mir heute Abend ein Taxi.“
Und
schenkte sich zwei Finger breit Whiskey ein. Ausgerechnet in dem Moment erklang
die Gegensprechanlage.
„Frau
Moser, Herr Dr. Farmsen ist noch mal hier. Er meinte er müsse mit Ihnen reden.“
Gaby
stöhnte auf. DER hatte ihr noch gefehlt. Sie leerte das Glas in einem Zug und
ließ es im Schreibtisch verschwinden.
„Ok,
lassen Sie in rein!“
Wenige
Augenblicke später betrat der blonde Mittdreißiger das Büro von Gaby.
„Hallo
Stephan, was kann ich für dich tun?“
„Ich
wollte mich nur erkundigen wie es dir so geht. Und wie weit du mit der
Anwartschaft für mich bist. Ich bin doch endlich Beamter auf Lebenszeit.“
„Die
Anwartschaft sollte Frau Brandt dir doch zuschicken. Einen Moment!“
Gaby
ging ins Vorzimmer und ging direkt auf Frau Brandt zu.
„Frau
Brandt, wie weit ist die Anwartschaft von Herrn Farmsen?“
„Ich,
ich ich bin gerade dabei die letzten Tarifkombinationen auszuprobieren.“
„OK.
Morgen Früh hab ich das als erstes auf dem Tisch. Verstanden!“
Gaby
hasste es wenn Sachen künstlich in die Länge gezogen wurden und Frau Brandt war
eine Meisterin darin.
„Ja…
Jawohl Frau Moser. Morgen Früh haben Sie die Unterlagen auf dem Tisch.“
Danach
ging sie wieder in ihr Büro und setzte sich vorsichtig auf ihren Stuhl. Als ihr
Po das Stuhlkissen berührte, verzog sie leicht das Gesicht. Scheiße, ihr
Hintern stand immer noch in Flammen von Kassandra.
„Ist
sonst noch was, Stephan?“
„Ja,
ich wollte fragen wie es dir geht.“
„Danke
gut, warum sollte nicht?“
„Na
zum einen setzt du dich sehr merkwürdig hin, zum anderen riechst du bereits
mittags nach Whiskey. Caipirinha ist ja normal, dass du den gerne trinkst, aber
mittags Whiskey bedeutet da ist etwas. Also wollen wir reden?“
„Nein
wollen wir nicht, aber wenn du einen guten ITler kennst, ich brauch hier mal
einen für ein Sicherheitsproblem.“
„Willst
du wirklich nicht mit mir reden?“, Stephan Farmsens Stimme klang besorgt.
„Nein
will ich nicht, ich muss das alleine hinbekommen, Danke Stephan.“
„Na
gut, aber hier ist dennoch die Adresse eines guten ITler´s. Jack ist echt
topfit und nicht sehr teuer. Und mal wieder in Deutschland. Grüß Ihn einfach
von mir.“
„Danke
Stephan, das werde ich machen.“
Der
Blonde Dozent für Physik gab ihr eine Visitenkarte und lächelte.
„Danke,
ich find den Weg schon alleine, bemühe dich nicht.“
Gaby
schaute auf die Visitenkarte:
Jack
Flanagan
Internet
Security
Ihr
schwante übles, hoffentlich war das nicht der Typ aus der Bar, aber schnell
wählte sie die Handynr.
„Flanagan!“
„Zenturion
Versicherung, Gaby Moser. Herr Flanagan, ein gemeinsamer Freund gab mir ihre
Karte und ich denke ich muss ihre Dienste in Anspruch nehmen.“
„Klar,
worum geht es denn?“
„Passwortdiebstahl
und Auspionieren von Kundendaten. Wohlgemerkt ich bin das Opfer.“
„Klar
dass sie nicht die Täterin sind, Lady.“, die Gegenseite musste lachen.
„Am
besten wir treffen uns übermorgen in ihrem Büro. Am besten gegen Abend. Passt
Ihnen das?“
„Klar
welche Uhrzeit?“
„19.00
Uhr?“
„Geht
klar, Herr Flanagan.“
Gaby
war erleichtert, zumindest etwas erfreuliches für diesen Tag. Schnell machte
sie sich noch einen Kaffee. Der Whiskey musste aus ihrem Blut. Sie musste
unbedingt zu Kassandra. Nein, da kann
sie auch nicht hin, nicht schon wieder, das würde einfach nur schaden.
Kassandra war ihr schon viel zu nahe gekommen. Sie trank einen Schluck Kaffee
und dachte nach. Sie dachte an die Dinge die ihr gerade passierten. Sie dachte
daran, dass ihre Emotionen gerade Achterbahn fuhren, Sie dachte daran, dass
diese Frau in ihr ein Bedürfnis weckte, was niemals hätte sein dürfen, niemals
wieder wollte sie sich in sie verlieben. Und doch, es war wieder passiert.
Während
dessen saß Kassandra mit dem Doc beim zweiten Frühstück. Sie schaute dem Doc in
seine saphirblauen Augen. Sie war nachdenklich. Sie wusste, dass Gaby Zeit
brauchen würde. Aber alleine sein, ohne sie, das war schwer. Ja, sie war da,
passte auf Gaby auf, aber ja auch sie brauchte Gaby, dieses Gefühl gebraucht zu
werden. Einen Menschen zu haben der einem bedingungslos vertraute. Ja sie
brauchte ihre kleine Träumerin, auch wenn diese mittlerweile erwachsen geworden
war.
„Wo
sind deine Gedanken, Kassy?“
„Weit
weg, Doc. Ganz weit weg!“
„Hast
du immer noch nicht mit ihr geredet?“
„Doch,
ich hab sie vor ein paar Tagen in ihrer Bar angesprochen.“
„Und,
was macht dich denn so traurig und nachdenklich?“, der Doc stand auf und ging
auf sie zu. Seine große, starke Hand griff nach ihrem Gesicht, seine Finger
berührten ihre Wange, zärtlich, liebevoll. Er schaute sie aus seinen
saphirblauen Augen an und seine Augen wurden immer weicher.
„Was
ist los?“
„Sie
hat Angst, sie hat Angst mich wieder zu verlieren. Und ich weiß nicht wie ich
ihr diese Angst nehmen soll. Ich verstehe sie einfach zu gut. Ich hab dieselbe
Angst. Ich kann nicht noch mal ohne sie leben.“
Kassandra´s
Augen füllten sich mit Tränen als Sie zu dem Doc hochschaute.
„Rede
mit ihr. Erzähl ihr deine Angst.“
Kassandra
schluckte. Sie konnte nicht auszuschließen dass er Recht hatte. Er hat fast
immer Recht mit seinen Ratschlägen.
Es
ist wieder spät geworden, schnell setzte sich Gaby in ihr Auto und fuhr los. An
ihrer Kreuzung überlegte sie kurz. Links geht es zu Kassandra, rechts in ihre
kleine Wohnung. Harsch setzte sie den Blinker rechts, fuhr zu sich nach Hause.
Nein heute muss sie abschalten, für sich sein. Der Tag morgen würde hart
werden.
Sie
ging in ihre kleine Wohnung, auf dem Weg ins Badezimmer fallen Hose, Bluse, BH
und Slip. Dann unter die Dusche und das heiße Wasser genießen. Endlich wieder
Leben spüren. Und AUAAAAAA! Da war noch was.
Nach
der Dusche schnappte sie sich ihren Wohlfühlpulli und schlüpfte mit einem
heißem Kakao ins Bett. Schnell schlief sie ein.
Und
anderswo hofft jemand, dass Gaby den Weg zu ihr fand. Von selber! Auch diese
Person schlief nach einem harten Trainingstag in ihrem Bett ein, und keiner sah
ihre Tränen. Keiner war da der sie tröstete. Wieder einmal standen die
stärksten Bäume alleine im Wald.
„Frau
Brandt, ihre Leistungen sind mangelhaft, NEIN SIE SIND EINFACH UNGENÜGEND. So
etwas dulde ich nicht bei meinen Mitarbeitern. Haben wir uns verstanden?“
Valerie
Brandt saß vor einem großem Holzschreibtisch. Der blonde, mittlerweile schon
fast grauhaarige Mann mit Schnauzbart, schaut ihr ins Gesicht, er war wütend,
wieder mal haben ihre Leistungen ihn nicht zufriedengestellt.
„Es
tut mir leid, aber Frau Moser ist einfach zu clever und sie ist in letzter Zeit
sehr häufig im Büro, ich kann nicht mehr so schalten und walten wie früher. Und
zählen denn die hohen Stornozahlen überhaupt nicht?“
In
Valerie Brandt steigt die Verzweiflung hoch.
„Ich
mei… meine Frau Moser hat Stornozahlen von 25% ist das denn gar nichts?“
„Frau
Brandt, sie hatten mir innerhalb eines halben Jahres einen Storno von 50%
zugesichert. Wir sind jetzt in welchem Monat dieser Zeitspanne?“
„Wir
sind einen Monat drüber hinaus!“, leise sagte Valerie Brandt die Worte.
„Frau
Brandt, bitte noch mal, diesmal etwas deutlicher. Ich kann sie hier nämlich
nicht hören.“
„Wir
sind einen Monat darüber hinaus!“, klar und deutlich wiederholte Frau Brandt
die Worte und schaute dem Mann in die grünen Augen.
Der
Mann der immer auszuschließendem Anzüge trug, stand auf und ging auf Frau Brandt
zu, bedrohlich langsam. Dann schaute er ihr tief in die Augen.
„Doch
Frau Brandt, das bedeutet, dass sie mich nur zu 50% enttäuscht haben!“
Am
nächsten Morgen betrat Frau Brandt das Büro, ihre Chefin saß schon am
Schreibtisch und schien einige Sachen durchzuarbeiten.
„Guten
Morgen Frau Moser, ich setze sofort eine Kanne Kaffee auf.“
„Danke
Frau Brandt! Ehm, bevor ich es vergesse, denken Sie bitte daran, dass nachher
Herr Fallner noch kommt?“
„Selbstverständlich!“,
wie konnte die Kuh nur denken, dass sie den Termin mit Fallner vergessen würde,
sie mag ihn nicht und er sie anscheinend auch nicht, so was vergisst man nicht.
„Oh
man, da ist heute aber jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden.“, dachte Gaby bei sich und musste grinsen, ihr war die Laune ihrer
Sekretärin nicht entgangen. Und sie konnte sich das Grinsen auch nicht
verkneifen als sie sah, wie vorsichtig Frau Brandt sich in ihren Stuhl setzte.
„Na da hat gestern Abend wohl wer zu viel gefeiert und nun Muskelkater in den
Beinen.“, dachte sie sich bei sich.
Herr
Fallner erschien pünktlich um 12.00 Uhr in der Bezirksdirektion.
„Hallo
Frau Brandt! Ich wünsche einen wunderschönen Tag!“
Seine
gespielte Höflichkeit nervte sie. Warum kann er ihr einfach nicht zeigen was er
von ihr denkt und sie dann in Ruhe lassen.
„Mahlzeit
Herr Fallner, die Bezirksdirektorin erwartet sie bereits.“
Zielsicher
betrat Herr Fallner das Büro seiner Chefin, ging direkt an den Schreibtisch und
gab Gaby Moser die Hand.
„Ist
Frau Brandt mittags immer so gut gelaunt?“
Er
kam heute lieber direkt auf den Punkt, er wollte unbedingt vor der Abfahrt von
Frau Moser noch ein paar Punkte klären. Und das junge Küken im Empfang war es
ihm nicht wert, mehr Zeit als notwendig für zu opfern. Er konnte sowieso nicht
verstehen was Frau Moser in Frau Brandt sah.
„Nein,
allerdings ist sie heute den ganzen Tag schon so drauf.“
„Hm,
verstehe. Eine Frage hab ich noch. Die Stornozahlen von denen Sie sprachen.
Betreffen die alle hier oder nur „ausgesuchte“ Mitarbeiter der Versicherung?“
Herr Fallner setzte das Wort ausgesuchte in die obligatorischen Gänsefüßchen.
„Nein
die betreffen zum Großteil das direkte Geschäft der Bezirksdirektion. Also
Kunden die hier Angebote nachgefragt haben und komischerweise mich persönlich.
Wieso fragen Sie?“
„Reine
Neugier, ich hab mich nur gewundert, denn meine Stornoquote liegt weit unter
25%.“
„Ich
weiß, ich kenn ihre Stornoquote.“
Gaby
musste lächeln. Das war ja ein netter Versuch sie auszuhorchen.
Peter
Fallner war ein Fuchs, Gaby merkte das immer wieder. Die Erfahrungen des Anfang
vierzigjährigen Hauptagenturleiters war nicht zu unterschätzen. Und auf der
anderen Seite war das genau eine der Stützen welche sie hier im Büro hatte.
Leider musste sie das Gespräch aber beenden, es gab da noch eine Sache die
erledigt werden musste.
„Hören
Sie Herr Fallner, ich muss gleich los, ich muss in die Vertriebsdirektion und
vorher will ich noch etwas privates erledigen.“
„Kein
Problem, Frau Moser. Wann sind Sie wieder hier?“
„Ich
habe um 19.00 Uhr hier noch einen Termin.“
„Ok,
dann weiß ich Bescheid.“
Gaby
ging zum Schreibtisch von Frau Brandt.
„Frau
Brandt, ich habe heute Morgen mein Angebot von Herrn Farmsen nicht erhalten.
Haben Sie das gestern nicht geschafft?“
Gaby
versuchte eine freundliche, unbeteiligte Stimme zu behalten, innerlich jedoch
kochte sie vor Wut. Gaby hoffte, dass Frau Brandt es wenigstens auf ihrem
Schreibtisch hatte.
„Ähhhm,
nein Frau Moser, tut mir leid! Ich mache das sofort fertig.“
„Nicht
nötig, Frau Brandt. ICH habe das Angebot selber ausgerechnet, ich werde es
gleich zu Herrn Farmsen bringen und dann in die Vertriebsdirektion fahren. Wir
zwei werden uns morgen Mittag
UNTERHALTEN! Ihre Mittagspause ist morgen gestrichen!“
Gaby
war auf 180. Dieses kleine Miststück, seit Monaten trödelte sie auf der Arbeit rum,
kam mit Anfragen nicht hinterher. Briefe dauerten Tage bis sie in ihrer
Unterschriftenmappe lagen. So ging das echt nicht weiter. Gaby musste dem
ganzem einen Riegel vorschieben und dazu würde sie morgen mit ihrem
„vergesslichen“ Vorzimmerdämchen ein ernsthaftes Gespräch führen. Vielleicht
begriff Frau Brandt dann den Ernst der Lage.
Mist,
verfluchter Mist, morgen keine Mittagspause! Stattdessen ein Gespräch mit Frau
Moser, na wenn das die gleichen Gespräche wie mit ihm werden, na Mahlzeit.
Obwohl der Typ ist sie nicht, sie würde niemals auf diese Art ein Gespräch
führen. NIEMALS! Obwohl ihre Stimme hatte teilweise denselben Klang. Aber wer
weiß, vielleicht kam sie ja mit einer Abmahnung davon. Die einfache Ermahnung
würde es garantiert nicht geben. Da war sich Valerie sicher. Und irgendwie
bekam sie Angst, denn sollte ER herausfinden, dass ihr Job in Gefahr war.
Auweia. Daran mochte sie gar nicht denken.
Während
Frau Brandt in ihren Gedanken hing, fuhr Gaby auf direktem Weg in die Uni von
Dr.
Farmsen. Sie hatte ihm ein Angebot für seine Anwartschaft als Beamter
ausgerechnet. Lange hatte er darauf hin gearbeitet seinen Job als angestellter
Universitätslehrer in eine Beamtenstelle umwandeln zu können. Dieses Projekt
hatte er schon verfolgt als er und Gaby zusammen kamen. Und das war vor 2 ½ Jahren. Sie fuhr zügig, sie wollte nicht zu spät
kommen. Sie musste etwas Zeit raus schinden, denn die Fahrt in die
Vertriebsdirektion würde auch eine halbe Stunde dauern. Sie fuhr schneller und schon war es passiert.
ZACK!!!!!! Das rote Licht erwischte sie voll.
„Fuck,
so ein verdammter Fuck!“
Wütend
schlug sie gegen das Lenkrad ihres Firmenwagens. Parkte ihren Wagen auf einem
Parkplatz neben der Uni und ging Richtung Büro von Dr. Farmsen. Zielsicher
suchte sie die einzelnen Gänge ab. Wie oft hatten sie sich hier getroffen wie
oft waren sie dann in irgendwelchen Gängen verschwunden. Aber nein, das war
Vergangenheit. Sie lebte im hier und jetzt. Sie baute sich ein neues Leben auf.
Ein Leben, in dem sie auf eigenen Füssen stand. Ein Leben, in dem sie nie
wieder abhängig sein würde, von irgendwem. Kein Ralf Moser, kein Dr. Stephan
Farmsen, keine Kassandra Heinze. Nein. Sie würde sich nie wieder abhängig
machen von einem Menschen. Also schnell das Angebot abgeben und dann ab in die
Stadt zur Vertriebsdirektion. Zielsicher suchte sie die Türen ab. Wo war denn
nur Zimmer 5. Ah, da. Sie klopfte kurz an und ging dann hinein. Ihr Ex saß
gerade mit einem dunkelhaarigen, gutaussehenden Mann zusammen und beide
stoppten die Unterredung sofort als Gaby den Raum betrat.
„Hallo,
Gaby. Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?“
„Hallo
Stephan, ich hatte dir doch das Angebot zugesichert. Nun, hier ist es. Lass uns
die Tage telefonieren. Wenn du Fragen hast ruf mich einfach an. Du hast ja
meine Handynr.“
„Äh
ja, mach ich, du….“
Schon
unterbrach sie ihm das Wort. Das hatte sie früher schon gemacht und es störte
ihn damals wie heute. Was fiel ihr ein, das war grob unhöflich.
„Sorry
Stephan, ich bin in Eile ich hab gleich ein Treffen mit meinem Chef und der war
alles andere als gut drauf.“
„Ok,
ich ruf dich dann morgen an. Und……“
Den
Rest des Satzes hörte Gaby schon nicht mehr, denn sie war aus dem Raum raus und
rannte wieder Richtung Auto, von weitem sah sie schon das Unglück, eine Politesse
schrieb ihr gerade ein Ticket.
„Verfluchte
Scheiße!!!! Fuck, Fuck!!! Der Tag ist echt…..“
Mehr
Kraftausdrücke fielen ihr gerade nicht ein und zum Glück war die Politesse
schon weg als Gaby am Auto ankam. Toll wieder 5 € für Falschparken. Sie konnte
mit den Tickets bald die Wände tapezieren.
Schnell
stieg sie ein, schmiss das Ticket auf den Beifahrersitz und fuhr los. Zum Glück
war die Autobahn frei und sie konnte zügig durchfahren. 10 Minuten vor der Zeit
war sie in der Vertriebsdirektion, sie stieg in den Fahrstuhl, fuhr in den
ersten Stock und bevor sie ausstieg atmete sie noch mal durch. Verdammt sie war
nervös, aber hier musste sie durch, es ging um ihre Existenz.
Gaby
betrat das Büro des Vertriebsdirektors, Rüdiger Franzen. Wie zu erwarten saß da
wieder eine seine Vorzimmerdamen und manikürte sich die Nägel. Blondierte Haare
und künstliche, lange Nägel. Rüdiger Franzen hatte noch nie einen stilsicheren
Geschmack was Frauen betraf. Erst Recht was sein Vorzimmer betraf. Daher hatte
Gaby auch darauf bestanden sich ihre Vorzimmerdame selber aussuchen zu dürfen.
Sie hatte sich gegen das Alphatier durchgesetzt. Sie hatte zwar schwer ackern
müssen um ihn mit Zahlen zu überzeugen. Aber am Schluss hatte sie ihn mit
Zahlen und weiblichen Charme überzeugt.
„Ich
habe einen Termin bei Herrn Franzen!“
„Ja
Frau Moser, sie werden bereits erwartet.“
Die
Nageltussie mit ihren blondierten Haaren öffnete die Tür und geleitete Gaby in
das Büro von Herrn Franzen. Ein großes Büro mit schweren Holzmöbeln aus dunklem
Holz und einer Sitzecke mit einer großen Ledercouch und zwei Ledersesseln, dazu
ein passender dunkler Tisch. Herr Franzen saß auf der Ledercouch und ihm
Gegenüber saß ein Mann, da traf Gaby fast der Schlag. Der Mann der zusammen mit
Herrn Franzen aufstand hatte braunes, etwas längeres, Haar, saphirblaue Augen
und eine sonnengebräunte Haut. Er stand auf und reichte Gaby die Hand.
„Guten
Tag Frau Moser, mein Name ist Angus McAllister. Doktor Angus McAllister.“
Völlig
irritiert nahm sie seine Hand und drückte sie. Verdammt warum musste sie
ausgerechnet nun gerade zu schwitzen anfangen. Was machte sie an dieser
Situation so nervös dass sie schwitzte?
„Setzen
wir uns doch alle wieder! Ich denke wir haben eine Menge zu besprechen, Frau
Moser!“
Sowohl
Angus McAllister als auch Gaby folgten
dieser Aufforderung zu gerne. Angus McAllister schaute Gaby sehr genau an.
Warum war diese Frau nur so nervös? Er wollte doch gar nichts von ihr. Im
Gegenteil, seine Aufgabe als Betriebsarzt der BVG war es, bei der Zenturion
Versicherung, welche ja eine Tochter der BVG war, dafür zu sorgen, dass die
Mitarbeiter gesund waren und es ihnen gut ging. Aber schon riss der
Vertriebsdirektor ihn aus seinen Gedanken.
„Dr.
McAllister ist hier, weil unser Mutterkonzern eine neue Order ausgegeben hat. Eine
Order die SIE ja fleißig umgangen haben. Es geht um Order 274.
Stressbewältigung und Gesundheitsvorsorge bei unseren Bezirksdirektoren,
insbesondere denen, die eine Stornoquote über 10 % haben.“
Rüdiger
Franzen schaute Gaby dabei scharf an, es stimmte, sie kannte die Order seit 3
Monaten und seit 3 Monaten weigerte sie sich diesen Gesundheitscheck machen zu
lassen. Sie hatte einfach keinen Bock sich von irgendeinem Betriebsarzt
untersuchen zu lassen. Ihr vierteljährlicher Frauenarzttermin reichte ihre schon.
Mussten ihr denn auch noch andere Ärzte auf die Nerven gehen?
„Hören
Sie Herr Franzen, mir geht es gut. Ich bin weder arg gestresst noch fühle ich
mich krank. Wozu das ganze alles. Sie sehen ich bin gesund und Dr. McAllister
schreibt in seinen Bericht, dass er eine gesunde, gut gelaunte Gaby Moser
getroffen hat.“
„DAS
WERDE ICH MIT SICHERHEIT NICHT!“
Angus
McAllisster mischte sich in die Unterhaltung ein. Seine Augen funkelten. Er war
mit meinem Mal wieder so stocksauer wie zu dem Zeitpunkt in der Bar.
Gaby
sprang auf und auch in ihr ging das gleiche Spiel los. Warum musste er so stur
sein, konnte man nicht für alles eine Lösung finden?
„Warum
denn nicht, geht Ihnen einer ab wenn Sie mich untersuchen?“, Gaby sprang von
ihrem Sessel auf. Sie war echt auf 180.
„Nein,
aber die Dienstvorschriften geben klare Anweisungen diesbezüglich. Anweisungen
die SIE mit ihrem Dienstvertrag unterzeichnet haben. Genauso wie ich. Und an
diese Anweisungen werden wir beide uns halten.“ Auch Angus McAllister war
aufgesprungen. Er stand nun genau gegenüber von Gaby. Und da er zwei Köpfe
größer war als sie, funkelten sie seine saphirblauen Augen an. Er wollte sich
durchsetzen, er würde sich durchsetzen, das spürte Gaby ganz deutlich.
„Na
schön, aber ich bestimme den Termin!“, quakte Gaby kleinlaut.
„Solange
er in der nächsten Woche ist. Soll es mir recht sein, FRAU MOSER!“
Angus
McAllister schluckte alle Wut runter und versuchte sich wieder zu beruhigen.
Demonstrativ setzte er sich wieder in den schweren Ledersessel und schaute Frau
Moser an. Hübsch war sie ja. Sie war wirklich ein hübsches Ding. Aber ab und an
schien ihr eine strenge Hand zu fehlen.
„Hey,
das geht nicht, diese Woche bin ich schon mit Terminen dicht gepflastert!“
„Frau
Moser, DAS ist nun wirklich nicht mein Problem. Sie wussten seit 3 Monaten dass
diese Untersuchung ansteht!“
Gaby
saß wieder in ihrer Lieblingsdisco. Ihren Firmenwagen hatte Sie nach dem
„Gespräch“ mit Kassandra zu Hause gelassen. Sie saß wieder am Tresen und trank
ihren Caipirinha mit Rum. Sie schaute nachdenklich in ihr Caipirinhaglas und
dachte über den Tag nach. Diese Woche lief echt mehr als komisch. Irgendwie
lief ihr Leben gerade aus dem Ruder. Alle ihre Ersparnisse steckten in den
Stornorückzahlungen. Und nun kam ihr Chef mit einer doofen ärztlichen
Untersuchung, von einem Doc der mehr als fordernd war. Und dann ist da auch die Sache mit Kassandra.
Gaby hatte sich geschworen nie wieder etwas mit ihr anzufangen, nie wieder
würde sie sich verletzen lassen. Nie wieder so abhängig werden von einem
Menschen.
„Die
stärksten Bäume stehen im Wald alleine.“
Sie
schreckte auf als sie diesen Satz vernahm. Dieser Satz war eine der
Lebensweisheiten welche sie immer von Kassandra zu hören bekam.
„Aber
ich lasse dich NIE WIEDER alleine.“
Kassandra
betonte das nie wieder auf eine Art, dass es Gaby einen Schauer über den Rücken
jagte.
„Warum?
Warum kannst du mich nicht einfach alleine lassen?“
„Weil
ich dich liebe, Gaby Moser. Weil ich dich brauche und weil ich Angst davor habe
ein Leben ohne dich leben zu müssen.“
„Warum
fragst du mich nicht einfach ob ich das auch will?“, unsicher schaute Gaby zu
Kassandra rüber.
„Weil
dein Blick, deine Haltung, einfach alles dich verrät. Ich kann immer noch in
dir lesen, wie in einem offenen Buch, meine kleine Träumerin. Ich lese im
Moment gerade, dass dir alles zu viel wird, dass du dir Sorgen machst, dass du
Angst hast.“
Ein
stummes Nicken war die einzige Antwort zu der Gaby gerade fähig war. Wieder
einmal traf Kassandra genau den Punkt um den es ging. Auch wenn Gaby es nicht
zugeben wollte. Aber im Moment wurde ihr einfach alles zu viel. Kassandra, die
Stornoquote, Stephans Fürsorge, all dieses würde der Stresstest mit Sicherheit
an´s Licht bringen. Und genau davor fürchtet sie sich. Das sie dann zugeben
muss ihr Leben nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Ein Leben voller Kontrolle,
das sie sich aufgebaut hatte, nachdem Kassandra sie verlassen hatte. Kassandra
schaute Gaby nur an, beobachtete sie, sagte nichts. Beobachtete Gaby einfach
nur.
„Kleine
Träumerin, ich habe auch Angst. Ich habe Angst ein Leben ohne dich führen zu
müssen. Ein Leben was nie ein ganzes sein wird. Ein Leben in dem ich immer auf
der Suche sein werde, nach dem Teil der meine Seele ergänzt.“
Kassandra
näherte sich langsam Gaby, nahm ihre Hand, schaute ihr tief in die Augen und
langsam näherten sich ihre Lippen denen von Gaby. Gaby versuchte noch etwas zu
sagen, doch genau in dem Moment spürte sie Kassandra´s Lippen auf den ihren.
Sie spürte Kassandra´s weiche Lippen auf den ihren, kein Fordern, kein Bedrängen.
Einfach nur ein Kuss, ein ängstlicher Kuss, deutlich spürte sie die Angst von
Kassandra, dass Gaby sie abweisen würde. Doch Gaby dachte gar nicht dran, sie
dachte an gar nichts mehr. Sie ließ sich einfach nur fallen, sie fiel in die
Gefühle die Kassandra in ihr auslöste. Und dann spürte sie Kassandra´s Arm um
ihre Hüfte, spürte wie sie gehalten wurde. Kassandra hielt sie fest. Sie ganz
nah an sich, sie spürte ihren Atem.
„Komm
lass uns nach Hause gehen!“, Kassandra legte 20 € auf den Tresen und führte
Gaby langsam Richtung Ausgang.
„Ich
will nicht in meine Wohnung. Ich will lieber bei dir sein.“
„Was
dachtest du denn wo wir hingen?“
„Ach
und meine Wohnung ist also nicht mein zu Hause?“
In
Gaby ging wieder der Widerstand los. Was sollte das? Warum tat sie wieder so
als ob nur ihr zu Hause ein zu Hause wäre.
„Jetzt
hör auf dich künstlich auf zu regen, du weißt das es SO nicht gemeint war.“
In
Kassandra´s Stimme schwang schon wieder dieser Tonfall mit. Dieser
„Zick-jetzt-bloß-nicht-rum“-Tonfall.
„Schon
ok, kam mir eben nur so vor, als wenn….“
„Als
wenn was? Als wenn die letzten 10 Jahre nicht zählen? Keine Bedeutung haben? Oh
doch, sie zählen, sie haben eine Bedeutung. Und DAS weißt du ganz genau.“
Bei
dem das gab Kassandra Gaby einen kräftigen Klaps auf den Hintern.
„AUA!!!!
Das tut weh!!!!!!!“
Mit
giftigen grünen Augen funkelte Gaby Kassandra an. Diese musste sofort
Schmunzeln und sagte dann nur.
„Ich
weiß und genau das sollte es auch.“
Gaby
seufzte, daran würde sie sich wohl gewöhnen müssen.
Die
beiden gingen dann zu Kassandra´s Auto und fuhren in´s Dojo. Kassandra fuhr
ruhig und sicher. Gaby fühlte sich wohl bei der Fahrt. Immer wieder schaute sie
zu Kassandra rüber. Bis sie dann sagte: „Es tut mir leid, dass ich mich gestern
nicht gemeldet hab. Aber mir fliegt mein Leben gerade um die Ohren.“
„Willst
du mit mir darüber reden?“
„Hast
du Whiskey im Haus?“
„Klar,
Wild Turkey deine Hausmarke.“
Gaby
nickt nur stumm. Wieder einmal hat Kassandra sie durchschaut, wieder einmal
kannte Kassandra sie besser als ihr lieb war. Die beiden hielten auf dem
Parkplatz neben dem Dojo. Kassandra öffnete den beiden die Tür. Im Wohnzimmer
setzte sich Gaby auf die Couch und schaute immer noch stumm zu Kassandra. Diese
ging erst mal zum Kühlschrank, holte ein dunkles Hefeweizen aus dem Kühlschrank
und ein großen Glas. Dann ging sie zur Bar und nahm zwei Whiskeygläser, sowie
eine Flasche Wild Turkey heraus. Alles stellte sie auf dem Tisch vor der Couch
ab. Sie schenkte sich beiden einen Whiskey ein, genau zwei Finger breit, gab
eines der Gläser Gaby und schaute ihr in die Augen.
„Cheers!“
„Cheers!“
Kassandra
trank ihr Glas in einem Zug aus, Gaby schüttelte den Kopf. Whiskey war wirklich
nicht Kassandra´s bevorzugtes Getränk. Diese schaute dann zu Gaby rüber und
meinte:
„Na,
was ist denn los?“
Kassandra´s
Stimme war warm und weich, sie war vollkommen ruhig und in ihrer Stimme klang
beinahe so etwas wie Sorge. Kassandra wartete ab, schenkte sich ihr Hefeweizen
ein und wartete ab, bis Gaby anfangen würde zu erzählen
Und
Gaby begann zu erzählen, sie erzählte von ihrem Ex-Freund der immer noch
beharrlich Kunde blieb und versuchte auf sie aufzupassen. Sie erzählte von den
hohen Stornozahlen, dass ihr das nach Betrug vorkam. Sie erzählte davon wie
alleine sie sich damit vorkam. Sie erzählte wie sehr Kassandra an ihrem neuen
Lebensentwurf rüttelte. Sie erzählte wie sehr sie aber genau das vermisst
hatte. Sie erzählte von dem Druck in der Firma, von der Untersuchung.
„Weißt
du dieser idiotische Doktor. Irgendwie find ich ihn sympathisch, aber, weißt
du, er ist sowas von scheiße dominant. Das kotzt mich echt an.“
Kassandra´s
Augen verengten sich sofort als Gaby den Kraftausdruck verwendet hatte. Sie
schaute daher nur kurz rüber zu Gaby und meinte:
„Ich
versteh ja wenn du dich über einen Mann aufregst oder ihn sympathisch findest.
Aber wenn du noch einmal einen Kraftausdruck benutzt, gehen wir zwei ins
Badezimmer. Haben wir uns verstanden?“
Gaby
nickte nur, nach Seife essen war ihr gerade wirklich nicht. Also versuchte sie
es anders.
„Weißt
du, Dr. McAllister will mich diese Woche noch untersuchen. Weißt du wie ich
aussehe?“
Kassandra
grinste als sie den Namen des Betriebsarztes erfuhr, sagte allerdings nur:
„Klar,
du sitzt ja vor mir.“
„Du
bist doof Kassandra!“
Auch
Gaby musste lachen. Das war einfach ein zu doofer Spruch. Dennoch kamen gleich
wieder die Tränen.
„Ich
hab Angst mein Büro zu verlieren. Alles wofür ich gearbeitet habe zu verlieren.
Meine kleine Eigentumswohnung zu verlieren. Einfach alles. Nur weil so ein Doc
meinen bunten Hintern sieht. Nur weil so ein dusseliger Betriebsarzt gesehen
hat wie ich mit zwei Bier Auto gefahren bin.“
Kassandra
sagte kein Wort, sie hörte ihrer Kleinen einfach nur zu, streichelte ihr übers
Haar und hörte zu bis Gaby auf der Couch einschlief und sie sie hochtragen
konnte.
In einer kleinen 1 Zimmer Wohnung saß eine
junge Frau mit braunen Haaren auf ihrem Bett und weinte. Sie weinte stumme
Tränen. In was war sie da nur rein geraten. Wie sollte das für sie nur enden.
Klar sie musste ihre Schulden bezahlen, aber auf diese Art. Gab es keinen
anderen Weg? Konnte man den gierigen Anwalt nicht dazu bringen, dass er eine
Ratenzahlung akzeptierte?
Und
so weinten sich am diesem Abend zwei Menschen in den Schlaf, eine Träumerin und
eine verängstigte, junge Frau.
Valerie
Brand wachte schweißgebadet auf. Der Traum der sie jede Nacht wieder aufwachen
ließ. Der Traum der ihr jede Nacht wieder Angst machte. Der Traum der keiner
war. Denn der Moment als Ralf Moser sie aus ihrer Zelle holte war real.
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