Kapitel 21
Während
sich Kassandra in der heißen Badewanne entspannte räumte Gaby den
Frühstückstisch ab und machte die Küche wieder sauber. Sie war ja selber
schuld. Sie hatte Valerie in ihr Zimmer
geschickt ohne das sie vorher abgeräumt hatte. Nun musste sie es halt selber
machen. Nach dem sie alles abgeräumt hatte und auch sauber gemacht worden
war. Dann schaute sie in den Kühlschrank
und fand eine Flasche Isotonisches Getränk. Sie nahm sie raus und ging damit in
das Zimmer von Valerie. Die Tür war offen und Valerie lag auf der Couch auf dem
Bauch. Sie hatte geweint, das sah Gaby auf den ersten Blick also setzte sie
sich neben Valerie auf das Bett und streichelte sanft ihren Rücken.
„Alles
ok, Kleines?“
„Nein,
nichts ist ok. Es ist ein besch…..
Gefühl die Menschen die einem so wichtig geworden sind so zu
enttäuschen. Erst recht jetzt wo ich weiß, das Du das gleiche empfindest.“
„Valerie,
die Enttäuschung wird vergehen und nach deinem Arrest ist alles vergeben und vergessen.
Wir fangen dann bei Null an. Wie nach jeder Strafe.“
„Kuschelst
Du mit mir ein wenig? Ich brauche Dich….Mum!“
Valerie
Bitte war von Unsicherheit geprägt, sie wusste nicht wie es weitergehen sollte,
sie wusste nur eines, wenn sie nun nicht jemanden spüren würde der sie liebte
würde sie nur noch heulen. Und Gaby merkte das Valerie dann genau daran
zerbrechen würde. Also legte sie sich zu ihr ins Bett und sofort kuschelte sich
Valerie bei ihr ein.
Während
dessen lag Kassandra in der Badewanne und dachte nach. Sie dachte über das
Geschehen in Valeries Wohnung nach, sie dachte darüber nach was hier passiert
war. Auf eine merkwürdige Art und Weise entstand hier gerade eine neue Familie
und es sah so aus als ob Kassandra das Familienoberhaupt war. Denn so kam sie
sich gerade vor. Valerie suchte ihren Halt bei Gaby und Gaby wollte den Halt von Kassandra. Nur womit
sie selber nicht klar kam, war das Valerie auch von Kassandra Halt suchte. Auf
eine Art die Kassandra noch verstehen musste. Sie verstand es nicht. Doch sie
verstand es sehr gut. Aber wollte sie es wirklich. Sie hatte sich gerade erst
vor 9 Jahren damit abgefunden, das sie niemals eine Familie haben würde. Sie
würde die letzte sein. Kassandra lag in der Badewanne und spürte wie ihr
langsam die ersten Tränen die Wangen runter liefen. Zu sehr tat es weh. Zu sehr
bereute sie. Nein sie bereute nichts. Es war richtig gewesen, ansonsten hätte
sich ihre Dienstzeit verlängert und sie hätte Gaby noch nicht wieder gefunden.
Es war richtig wie es war. Aber die Entscheidung und ihre Folgen, die taten
immer noch weh.
Irgendwann
war das Wasser in der Wanne kalt und Kassandra fror. Sie beschloss aus der
Wanne zu steigen, legte sich das grosse rote Badetuch um den Körper und blieb
noch eine Weile auf der Badewanne sitzen. Dann raffte sie sich auch und meinte:
„Das
bringt nichts, die Schatten der Vergangenheit kann niemand besiegen.“
Also
ging sie aus dem Badezimmer zu Valerie´s
Zimmer, sie wollte einfach mal nach ihr sehen. Und was sie sah erwärmte
ihr Herz. Valerie schlief in Gaby´s Armen. Und auch Gaby schien zu
schlafen. Kassandra wollte gerade den
Raum wieder verlassen als Gaby sie ansah und flüsterte:
„Na,
wie war dein Bad, Schatz?“
„Herrlich,
willst Du auch ins Bad?“
„Sehr
gerne, aber Du hast sicher das ganze heisse Wasser verbraucht.“
„Nein
wir haben seit Montag doch ne neue Therme und einen grösseren
Warmwasserspeicher. Musste sein wegen den Duschen im Dojo. Der alte war
marode.“
„Super
dann gehe ich eben ins Bad. Bleibst Du bitte bei Valerie? Sie braucht uns.“
Kassandra
verzog das Gesicht. Aber dann blinzelte Valerie sie halbschlafen an.
„Bitte
lass mich nicht alleine Kassandra.“
„Das
ist aber genau der Sinn von Stubenarrest, das Du Zeit hast darüber
nachzudenken, warum Du den Hausarrest hast.“
Valerie
schluchzte, sie fühlte sich einfach nur einsam und wollte nicht mehr einsam
sein.
Kassandra
setzte sich näher an Valerie, nahm ihre Hand und schaute ihr tief in die Augen.
Sie konnte in den Augen ihre Einsamkeit sehen und auch die Sehnsucht nach
Geborgenheit. Sie räusperte sich und sprach dann zu ihr.
„Valerie,
wenn Du wirklich einsam wärest, wenn Du wirklich alleine wärest. Meinst Du das
Du dann hier bei uns wärest?“
„Was
meinst Du?“
Valerie
war unsicher. Sie wusste nicht worauf Kassandra raus wollte. Sie schlug die
Augen zu und Gaby und Kassandra konnten ihre Unsicherheit merken.
„Ich
weiss es nicht. Was meinst Du?“
„Ich
meine das dieser Arrest nur deswegen da ist, weil Du eben nicht alleine bist.
Die Tage deiner Einsamkeit sind vorbei.“
Kassandra
gab Valerie einen Kuss auf die Stirn und schaute sie dann liebevoll an. Ihr
Blick war sanft und zärtlich. Gaby wurde richtig warm ums Herz.
„Ich
gehe nun eine heisse Dusche nehmen. Danach kann ja Valerie auch ins Bad gehen.“
Gaby
stand auf und verließ das Zimmer in Richtung Badzimmer. Kassandra blieb noch eine Weile bei Valerie
sitzen nur um ihr einen Moment lang Zeit zu geben, das eben gesagte zu
verarbeiten. Als sie dann aufstand, hörte sie von Valerie ein leises:“Danke!“
„Gerne
geschehen, kleines.“
Kassandra
wuselte Valerie durch´s Haar und verließ dann den Raum. Kurz vor der Tür sagte
sie dann noch mal zu Valerie.
„Ich
gehe ein wenig ins Dojo zum trainieren. Wenn irgendetwas ist. Irgendetwas
passiert kannst Du zu mir kommen.“
„Fein
es ist etwas. Ich will nicht alleine sein!“
Valerie
zog eine künstliche Flunsch und tat so als wenn sie beleidigt war. Kassandra lachte auf und verließ Valerie´s
Zimmer.
Valerie
lag alleine im Zimmer und dachte nach. Was war hier passiert? Was passierte in
ihrem Leben gerade. Sie war definnitiv
nicht alleine. Auch wenn sie gerade alleine in einem Zimmer war. Das war
einfach gerade wohl eine der Folgen
ihrer neuen Familie. Denn trotz dieses Alleinsein fühlte sie sich beschützt.
Nein genau deswegen fühlte sie sich gerade beschützt. Hier liebte sie jemand so
sehr, das dieser Mensch ihr Grenzen setzte damit sie sich nicht selber schaden
zu fügen würde. Sie versuchte es zu verarbeiten und dennoch es fühlte sich hart
an, es fühlte sich beschissen an. Sie wollte etwas mehr Freiheit haben.
Irgendwann schlief sie ein. Alle ihre Gedanken schliefen ein. All ihr Sorgen
verschwanden im Schlaf.
So
lag sie da noch als Kassandra nach ihr schaute. Sie hatte sich einen weissen Gi
angezogen und trug darüber den schwarzen Hakama. Auch wenn sie nun für sich
alleine trainierte die Etikette würde sie im Dojo waren. Als sie aber sah das
Valerie schlief, ging sie noch mal ins Wohnzimmer. Sie kniete sich vor dem
Schrank im Wohnzimmer nieder, zog eine der Schubladen auf und griff hinein. In
ihrer Hand hielt sie eine Babyfonanlage. Das Mikrofon stöpselte sie in
Valerie´s Zimmer ein. Und Empfänger nahm sie mit ins Dojo. Sie stöpselte ihn beim Tresen in eine
Steckdose und machte dann ihre Verbeugung zur Matte.
„Rei!“
„Rei!“
Dann
begann sie ihre erste Kata. Eine Kata bestehend nur aus Würfen.
In
der Zwischenzeit war Gaby unter die Dusche gegangen und versuchte bei dem
heissen Wasser ab zu schalten. Himmel das tat gut. Kassandra hatte nicht
gelogen. Das Wasser war wirklich heiss und es tat so gut. Unter der Dusche fielen
dann alle ihre Sorgen ab, auch ohne das sie mit Kassandra reden musste, hatte
ihre Partnerin richtig reagiert und ihr die Chance gegeben. Der Preis dafür war
nun eine Familie. Gaby würde bei allem was sie nun tat auch an Valerie denken.
Sie würde ihr Leben etwas umstellen müssen. Denn sie würde nicht wollen, das
sie für Valerie ein schlechtes Vorbild wäre.
Dann fragte sie sich, warum. Durfte sie dann überhaupt nicht mehr leben?
Musste sie nur Mutter sein? Durfte sie nicht mehr selber leben? Was würde sie nun erwarten und würde
Kassandra nicht wieder irgendwann aus ihrem Leben verschwinden, weil es ihr
zuviel werden würde. Diese Gedanken machten ihr Angst. Sie atmete tief durch und drehte das heisse
Wasser etwas mehr auf. Sie schäumte die
Haare ein und begann damit ihr Reinigungsritual.
Während
Kassandra in ihrer Wurfkata gerade beim Übergang des Kata-Ashi-Doris zum Kata-Guruma arbeite wurde
sie auf einmal aus dem Mushin gerissen. Denn das Babyfon war angegangen und sie
hörte wie Valerie telefonierte.
„Jawohl
Herr Maternus. Nein, ich bin bei meiner Fa… bei Freunden und ich werde das Haus
nicht verlassen.“
…..
Dann war Stille und Kassandra hörte nur wie Valerie antwortete:
„Dann
kommen Sie doch bitte hierher ins Dojo von Kassandra Heinze Herr Komissar.“
Kaum
das Kassandra diese Worte gehört hatte, rannte sie los und stand auch schon in
Valeries Zimmer. Dieser nahm sie das Handy wortlos aus der Hand und sagte
begann mit dem Gegenüber zu sprechen:
„Kassandra
Heinze hier.“
„Hallo
Frau Heinze, mein Name ist Frank Maternus. Ich bin Kriminalhauptkommissar.“
„Was
kann ich für Sie tun Herr Maternus?“
„Im
Treppenhaus von Frau Brandt wurde ein Mann tot aufgefunden und nach wir
ermitteln wegen des Verdachtes der schweren Körperverletzung oder vielleicht sogar
des Mordes.“
„Und
was kann Frau Brandt da für Sie tun?“
„Nun
ja wir können nachweisen das der Tote bei ihr über Treppengeländer gefallen
ist. Und das bringt uns dazu das wir eine Aussage von Frau Brandt benötigen.“
„Die
können Sie haben, allerdings nur in meinem Beisein und hier in meinen Räumen.
Frau Brandt ist das Opfer krimineller Machenschaften und nicht die Schuldige.“
„Verzeihen
Sie mir aber ihre Akte und die Aussage ihres Anwaltes stellen sie in einem
anderen Licht da.“
„Ihr
Anwalt? Frau Brandt hat noch keinen Anwalt beauftragt.“
„Doch
Herr Ralf Moser, war vor etwa 30 Minuten
bei uns und hat uns gesagt das Frau Brandt Aussagen wird. Sie würde auf sein
Anraten zu uns ins Präsidium kommen.“
Kassandra
kochte innerlich. Schon wieder pfuschte dieser Winkeladvokat in Valeries Leben.
Das musste aufhören. Nur wie?
„Hören
Sie. Frau Brandt hat Herrn Moser das Mandat schon vor langer Zeit entzogen.“
„Das
müsste sie mir dann aber schon selber sagen, ganz abgesehen davon das Herr
Moser ein renomierter Anwalt und Strafverteidiger ist. Warum sollte er also
hierher kommen und uns extra Bescheid sagen?“
„Herr
Maternus, das erklären wir Ihnen sehr gerne allerdings bitte ich Sie, das Sie
mich in meinem Dojo in der Friedensstr. 120 aufsuchen. Frau Brandt wird Ihnen
alle Fragen beantworten ebenso ich und Frau Moser.“
„Frau
Moser? Gaby Moser? Genau woher kennen Sie meine Freundin?“
„Wir
kennen uns aus der Zeit als ich noch beim Einbruchsderzenat war. In Frau Mosers
Wohnung wurde damals eingebrochen.“
„Ah,
und wann war das?“
„Das
war vor 3 Jahren und damals haben wir die Einbrecher erwischt, Frau Moser
musste einen Teil ihres Eigentums identifizieren.“
„Ok
können Sie in einer Stunde hier sein? Dann werden alle Beteiligten fertig sein
und wir können zusammen reden.“
„Selbstverständlich.
Friedensgasse 120 ?“
„Genau
das Ran Dojo.“
„Ich
werde da sein, und danke Frau Heinze.“
„Keine
Ursache.“
Valerie
schaute unsicher auf Kassandra.
„Hab ich was falsch gemacht?“
„Hm
lass mich überlegen? Du hast Computerverbot?“
„Ja!“
„Du
hast Fernsehverbot?“
Valerie
konnte nur stumm nicken.
„Ich
erwarte verbale Antworten in ganzen
Sätzen.“
Unsicher
starrte Valerie Kassandra an.
„Also Fräulein?“
„Also Fräulein?“
„Ja
ich hab Fernsehverbot!“
„Du
hast Telefonverbot?“
„Ja
auch das habe ich.“
„Und
Du hast Handyverbot oder irre ich mich?“
„Nein
Du irrst nicht.“
„Gut
das bedeutet keine SMS, Kein Whats Ap und erst recht kein Telefonieren. Hab ich
Recht.“
„Ja
hast Du.“
Valerie war zerknirscht sie begriff das sie etwas falsches getan hatte. Und es tat ihr leid, aber sie wollte nicht schon wieder bestraft werden. Sie ging auf Kassandra zu und schaute ihr in die Augen, schüchtern, verängstigt.
Valerie war zerknirscht sie begriff das sie etwas falsches getan hatte. Und es tat ihr leid, aber sie wollte nicht schon wieder bestraft werden. Sie ging auf Kassandra zu und schaute ihr in die Augen, schüchtern, verängstigt.
„Bitte
sag es nicht Mum. Sie muss nicht schon wieder verletzt werden, nur weil ich
Mist gebaut habe.“
„Doch
das muss sie, denn wenn Du die Anrede eben ernst meinst, dann muss sie genau
das wissen. Wir DREI reden heute Abend. MADAM!“
Es
war unüberhörbar das Kassandra stinksauer war.
Als
Gaby aus dem Bad kam sah sie wie Kassandra im Gi und dem Hakama bei Valerie im
Zimmer saß. Sie schaute zu Kassandra und zu Valerie herüber. Erst ruhte ihr
Blick besorgt auf Valerie und dann schaute sie zu Kassandra herüber.
„Ist
alles ok?“
„Nein, die Polizei kommt in einer Stunde, sie wollen
eine Aussage von Valerie wegen des Vorfalles im Treppenhaus.“
Kassandra
griff Gaby´s Hand und meinte dann leise zu ihr.
„Ich
muss mit Dir reden, alleine!“
Gaby
nickte nur und meinte dann zu Valerie.
„Ich
rede mal kurz mit Kassandra dann bin ich bei Dir, ok?“
„Ja,
Mum!“
Valerie
setzte sich aufs Bett und zog die Beine an und schaute auf dem Fussboden.
Das
würde wieder Ärger geben sie wusste es. Und dabei war ihr schlechtes Gewissen
gerade nicht gerade förderlich, sie brauchte ihren Verstand und keine Emotionen
wenn sie gleich eine Aussage machen musste.
Gaby
und Kassandra gingen in Richtung Wohnzimmer und Gaby machte natürlich wieder
einen Abstecher in die Küche zur Kaffeemaschine, schenkte sich einen Kaffee ein
und fragte ihre Freundin.
„Willst
Du auch einen?“
„Ja,
gerne.“
Gaby
schenkte 2 Kaffees ein. Und stellte sie auf die Arbeitsplatte. Dann nahm sie
ihren und ging zur Couch im Wohnzimmer. Sie setzte sich auf die Couch.
Kassandra setzte sich neben sie, ihre Hände umklammerten den Kaffeepott. Sie
schaute Gaby in ihre grünen Augen und wusste nicht wie sie den Anfang machen
sollte. Sie wollte mit Gaby über den Einbruch reden und über den Kommissar. Sie
hatte eine Ahnung das vielleicht Gaby´s Vater mehr wusste als Gaby ahnte.
„Gaby,
in ein paar Minuten kommt Kommissar Maternus her. Er hat mir am Telefon erzählt
Valerie hätte durch ihren Anwalt Bescheid geben lassen, sie würde eine Aussage
machen. Und so wie ich den Kommissar Maternus verstanden habe, soll Valeries
Stand bei der Polizei nicht der Beste sein.
Ihr Anwalt ist übrigens……“
„….Sag
nicht mein Vater?“
„Doch,
das ist er.“
„Wir
müssen ihn von Valerie wegbekommen, er soll nicht auch noch ihr Leben
ruinieren. Bitte hilf mir!“
In
Gaby´s Augen standen die Tränen. Sie hatte Angst um Valerie. Kassandra stellte
ihren Kaffeepott auf den Tisch und beugte sich zu Gaby rüber, nahm sie in den
Arm und hielt sie dann einfach nur fest. Gaby liess ihren Tränen freien Lauf.
Bei Kassandra durfte sie schwach sein, durfte es geniessen, sich fallen zu
lassen und das war ein herrliches Gefühl.
Sie merkte wie ihr Leben eine Balance bekam und es tat ihr gut. Sie
liess sich einfach nur fallen in den Moment.
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