Gaby wartet im Park Kapitel 2
Gaby wartet im Park Kaptiel 3
Gaby wartet im Park Kapitel 4
Gaby wartet im Park Kapitel 5
Gaby wartet im Park Kapitel 6
Kapitel 7
Laute
Musik dröhnte aus den Boxen. Gaby Moser interessierte das nicht. Heute Abend
wollte sie nur abschalten. Sie wollte tanzen, trinken und wer weiß vielleicht
fand sich auch etwas Nettes für die Nacht. Immerhin war sie seit vier Monaten
Single und hätte schon mal wieder gerne Sex mit einem anderen, menschlichen
Wesen erlebt. Vibratoren waren doch ebenso wie Tofu – doch nur Fleischersatz
und Gaby liebte einen saftigen Braten. Die zierliche, blonde Frau saß auf ihrem
Barhocker und schaute nachdenklich zum Barkeeper rüber. Ihre grünen Augen
wirkten müde. Sie war vom Alltag geschafft und nun war sie hier und wollte Spaß
haben. Sie war direkt von der Arbeit hierher gefahren und nun saß sie hier in
ihrer grauen Buntfaltenhose und der weißen Bluse, welche sie wie immer in der
Hose trug. Als Bezirksdirektorin einer großen deutschen Versicherung musste sie
halt einen angemessenen Kleidungsstil beweisen. Zum Glück war das für sie
einfach. Denn sie musste sich wegen ihrer Figur nicht verstecken, da war nicht
mal ein Bauchansatz bei ihr! Wie auch? Dafür trieb sie viel zu viel Sport. Ihre
zierlichen Füße stecken in schwarzen Wildlederpumps und diese fingen gerade an
leicht zur Musik zu wippen, als der DJ gerade anfing die Schlagerwelle der 70er
rauf und runter zu spielen. Nach dem Arbeitstag im Büro würde sie gerne alleine
etwas trinken. Beide Voraussetzungen ließen sich schnell erfüllen. Das Getränk
würde sie gleich bestellen und alleine war sie sowieso fast immer, wenn sie
nicht arbeitete.
„Einen
Caipirinha mit Rum anstatt Cachaca!“
„Trinkst
du immer noch dieses komische Zeug?“
„Ich
habe nie komisches Zeug getrunken. Du wusstest nur nie was schmeckt!“ Diese
Rechtfertigungen für ihr Lieblingsfeiergetränk fand sie wirklich mittlerweile
zum Kotzen. Insbesondere, weil sie immer wieder von einer bestimmten Person
kamen.
„Kassandra,
du weißt das ich Cachaca nicht mag, warum also lästerst du darüber? Gerade du
solltest den Grund kennen.“
„Ja,
sorry. Ich wollte dich nicht verletzen. Hab das von dir und Stefan gehört
und als ich dich von da drüben hier
sitzen sah, dachte ich, dass du vielleicht reden magst.“
„Es
ist seit vier Monaten vorbei. Was soll ich darüber reden wollen und wieso
ausgerechnet mit dir?“
Endlich
kam der Caipirinha und beim ersten Schluck spürte Gaby, wie der Alkohol sich
durch die Süße des braunen Zuckers in ihrem Blut verteilte. Sie spüre wieder
was, endlich!
Und
schon waren sie da - die ersten Gedanken an früher, an diese so verhassten
Gespräche mit … ja mit IHR.
„Woran
denkst du gerade, Gaby?“, ihr Arm lehnte am Tresen und stützte ihren Kopf, sie
sah Gaby aus ihren blauen Augen an, klar, deutlich, interessiert, fordernd.
Dann stützte sie ihren rechten Arm auf den Tresen und mit ihrer rechten Hand
stützte sie ihr Gesicht ab. Kassandra beobachtete Gaby weiter.
„An
Nichts was heute noch zählen würde!“
Gaby
wollte nicht, dass die Dinge von früher wieder hochkamen und dennoch, ihr
erster Gedanke war: „Wieder dieser Club. Wieder diese Bar“. Aber nein, diesmal
nicht. Diesmal würde es nicht so enden wie damals. Kassandra´s Stirn runzelte
sich leicht. Sie erkannte, dass Gaby ihr etwas verschwieg, sie spürte die Mauer
um sich, welche Gaby gezogen hatte.
“Gaby,
das war nicht meine Frage.“
„Vielleicht
will ich deine Frage nicht beantworten?“
„Wie
du meinst, Träumerin.“
Kassandra´s
Stimme hatte wieder diesen spöttischen Unterton, welchen Gaby noch nie gemocht
hatte. Ja, sie liebte es zu träumen. Damals zumindest, aber die Zeit war
vorbei. „Wir sind hier nicht bei wünsch dir was, sondern bei „So ist das
Leben!“ Hatte ihr Vater immer gesagt.
Ihr Vater, angesehener Rechtsanwalt.
„Seit
wann bist du wieder hier, Kassandra?“
„Wer
sagt denn dass ich je weg war?“
„Keine
Ahnung, immerhin ist es fast 10 Jahre her das wir uns….!“
Gaby
verschluckt den Rest des Satzes, und nahm einen kräftigen Zug von ihrem Caipi.
„Trink
nicht so schnell, du verträgst doch nicht so viel.“
„Das
kann dir doch egal sein.“
„Wenn
du meinst, dann kann ich ja auch gehen.“
Mit
diesen Worten stand Kassandra auf und ging. Toll, dachte sich Gaby. Nun ist
meine Stimmung komplett im Keller. Immer schneller trank sie den Caipi aus.
Irgendwann entschied sie sich zwischen zwei Caipirinha, die Musik war gar nicht
so schlecht. Dazu könnte man auch tanzen. Und so verbrachte sie den Abend auf
der Tanzfläche und an der Bar. Tanzen oder Caipirinha, das war ihr
Freitagabend. Als sie dann gegen 04.00
Uhr den Club verließ, waren kaum noch Leute da. Draußen warteten ein paar
Männer anscheinend auf ihr Taxi und auch Gaby stellt sich etwas weiter von ihnen
entfernt an die Taxibucht.
„Hallo,
schöne Frau, sollen wir dich mitnehmen? Dann sparst du dir das Geld fürs Taxi!“
„Nein
danke. Ich fahre gern Taxi!“
„Na
komm schon, sei keine Spielverderberin.“
Einer
dieser schmierigen Typen legte seinen Arm um sie und ehe sie darüber nachdenken
konnte, hatte sie ihm schon eine gescheuert.
„Ich
sagte Nein!“
Jetzt
schlug die Stimmung um, die Männer drängten sie immer mehr in eine dunkle Ecke.
Gaby bekam Angst. Erinnerte sich aber daran, was ihr Lehrer für Jiu-Jitsu ihr
damals beigebracht hatte - niemals Angst zeigen!
„Hey
Leute, der Spaß ist vorbei. Lasst uns aufhören. Ich will wirklich ein Taxi
nehmen.“
„Nein,
der Spaß fängt gerade erst an, Süße!“
Mit
einem dreckigen Grinsen gab er ihr einen Stoß, sodass sie auf der Motorhaube
eines Autos landete.
Mit
fester Stimme rief sie.
„Hey
spinnt Ihr? Was soll das?
„Halt
lieber die Klappe, dann ist es auch schnell vorbei.“
Das
nächste was sie mitbekam war, wie der Kerl, der sich gerade über sie gebeugt
hatte, aufschrie und neben dem Auto zusammen sackt.
„Will noch jemand Rührei?“
„Will noch jemand Rührei?“
Kassandra
stand direkt in Gabys Sichtfeld. Und das erste Mal war sie froh, Kassandra
heute zu sehen.
„Toll,
statt einer gleich zwei Bräute!“, ruft der eine freudig aus.
„Übernimm
dich nicht, Schätzchen.“
Mit
einem Lächeln ging sie auf den Wortführer zu. Kaum dass dieser die Arme um sie
legen wollte, flog er auch schon an die nächste Wand und sackt zusammen.
„Na,
hast du auch Bock auf uns beide?“
Mit
diesen Worten schaute sie den letzten Strolch mit kalten, eisblauen Augen an.
„Nein,
nein, danke, mir ist die Lust gerade vergangen.“
Sprach´s
und schon rannte er weg.
Kassandra
ging zur Motorhaube, schaut zu Gaby.
„Na
war doch ein wenig zu tief ins Glas geschaut, Kleines?“
„Das
geht dich gar nichts an!“
„Na
wenn du hier so einladend auf einer Motorhaube liegst und nicht mehr weißt wie
du fünf Jahre Kampfkunst anwenden sollst um daraus zu kommen, hab ich zwei
Möglichkeiten: Erstes, ich nutze es für mich aus. Zweitens, ich bringe dich
nach Hause. Was wäre dir lieber?“
Kassandra
lächelte Gaby an. In ihrem Gesicht war die Sorge um Gaby mehr als deutlich zu
lesen.
„Bring
mich bitte nach Hause, Kassandra.“
Gaby
schwankte mehr von der Motorhaube, als dass sie mit sicheren Bewegungen von der
Motorhaube kam. Sie zitterte am ganzen Leib. Kassandra legt schnell ihren
Mantel um Gaby und brachte sie zu ihrem Wagen.
„Du
fährst immer noch den Vectra?“, Gaby muss lächeln. Anscheinend gab es doch so
einiges konstantes im Leben ihrer Retterin.
„Ja,
warum nicht, er sieht gut aus, hat genug PS für kritische Situationen und ist
günstig in den Steuern.“
„Wusste
gar nicht, dass du so eine treue Seele sein kannst.“, in ihrer Stimme klang
Zynismus mit.
„Du
weißt so einiges nicht, Kleines.“
Kassandra
fuhr Gaby direkt nach Hause. Gaby schlief in dem warmen Auto schnell ein und so
merkte sie gar nicht, dass Kassandra sie nach oben trug, ihr die Clubklamotten
auszog und sie ins Bett legte und mit einem Kuss auf die Stirn zudeckte.
Am
nächsten Morgen wachte Gaby auf. Sofort viel ihr der Abend wieder ein,
Kassandra, die Situation auf der Motorhaube. Kassandra saß auf dem alten
Ohrensessel im Schlafzimmer und schlief.
Gaby musste lächeln, die ersten Erinnerungen kamen hoch.
Gaby
setzte sich auf das Bett und schaute in Kassandra´s hübsches Gesicht. Damals
war es die Schönheit der Jugend, aber das was sie heute sah, was ihr den Atem
nahm, war eine Frau, kein Küken. Nein eine gestandene Frau.
„Verdammt,
warum musste ich dir nur wieder begegnen.“
„Weil
Gaby immer im Park warten wird. Warten auf Mr. Right.“
„Mr.
Right oh nein auf den warte ich schon lange nicht mehr.“
„Auf
wen wartest du denn?“
„Keine
Ahnung, ich geh jetzt duschen.“
Erst
jetzt realisiert Gaby, dass sie nicht mehr ihre Clubkleidung trug.
„Hast
du etwas?“
Ihr
Gesicht lief rot an.
„Ja,
ich habe dich ausgezogen und dir deinen Schlafanzug angezogen. Der an dir
übrigens echt sexy aussieht.“
Kassandra
musterte Gaby von oben bis unten in ihrem weiß blauen Satinschlafanzug .
„Keine
Angst, ich habe nichts gesehen, was ich nicht schon mal gesehen hab und nun ab,
geh duschen, Kleines!“
Wie
immer, Kassandra kontrollierte die Situation, es ist immer das Gleiche zwischen
den beiden. Und wie immer fügte sich Gaby, geht ins Bad und duscht erst mal
ausgiebig.
Danach
ging sie mit einem großen Frotteetuch in
die Küche, von weitem roch sie schon den Kaffee.
„Warum
Kassandra?“
„Warum
was, Träumerin?“
„Warum
bist du hier?“
„Weil
dich gestern eine Clique vergewaltigen wollte und ich mir Sorgen um dich
gemacht habe?“
„Nein,
das meine ich nicht. Warum hast du mich nach 10 Jahren angesprochen. Warum
lässt du mich nicht einfach in Ruhe?“
„Weil
ich mit dir reden wollte. Ich wollte wissen wie es dir geht.“
„Danke
mir geht gut. Ich bin seit vier Monaten glücklicher Single.“
„Und
ertrinkst deinen Kummer immer noch in Caipirinha!“
„Das
geht dich gar nichts an. Das Recht meinen Alkoholkonsum zu kritisieren hast du
vor Jahren aufgeben. Vor 10 Jahren…“
„Vor
10 Jahren 4 Monaten und 3 Tagen, Träumerin.“
Verdattert
schaute Gaby Kassandra an.
„Du
weißt es so genau?“
„Ich
habe keinen Tag vergessen. Ich habe nichts vergessen. Und es vergeht kein Tag,
an dem ich nicht bedaure, was ich dir angetan habe?“
„Späte
Reue?“, die Frage war eher rhetorisch als ernst gemeint. Gaby wollte Kassandra
gar nicht so nah an sich ranlassen. So nah, dass sie die Antwort wirklich
interessierte.
Kassandra
schwieg. Sie kniff die Lippen zusammen.
„Wieso?
Wieso hast du mich nie besucht. Ich habe dir geschrieben, so oft.“
„Ich
konnte nicht, Gaby.“
„Du
konntest nicht? Seit wann gibt es Dinge, die große Kassandra nicht kann.“
„Seit
dem ich mein Wort gegeben habe. Gaby ich hab damals mein Wort gegeben den
Kontakt nicht wieder zu dir aufzunehmen.“
„Warum?
Und vor allem wem?“
„Du
weißt es nicht, oder? Du weißt wirklich nicht warum ich damals nicht zur
Prüfung erschienen bin? Warum du ein Trainingsverbot bei meinem Vater hattest?“
„Nein,
ich hab dich doch seit unserer TRAININGSEINHEIT nie wieder gesehen. Bis
gestern.“
In
Gaby stieg die Wut hoch, eine unbändige Wut.
„Weißt
du auch nicht, warum du nicht mehr bei uns trainieren durftest?“
„NEIN
Kassandra, NEIN! Ich weiß nur, dass du gerade wieder dabei bist mein Leben
komplett durcheinander zu bringen.“
Gaby war den Tränen nahe. Kassandra biss sich auf die Lippen schaute rüber zu Gaby. Schaute ihr tief in die grünen Augen.
Gaby war den Tränen nahe. Kassandra biss sich auf die Lippen schaute rüber zu Gaby. Schaute ihr tief in die grünen Augen.
„Woran
erinnerst du dich?“
„Nachdem
wir zwei….“
Gaby
räuspert sich, „Nun nachdem …“
„Nachdem
ich dich gefickt habe, genau. Woran kannst du dich noch erinnern?“
„Mein
Vater rief an, ich solle nach Hause kommen.“
Kassandra
ging auf Gaby zu, sie stand so nah vor ihr, dass sie geradezu in das Dekolltee
von Gaby schauen konnte. Aber diesmal nicht, keine Anzüglichkeiten, kein
Lächeln auf ihrem Gesicht.
„Gaby,
ich war dabei, ich habe alles mitbekommen.“
„Wie
du warst dabei?“
„Die
Unterredung mit deinem Vater, ich bin dir gefolgt. Denn ich kannte den Grund
des Anrufes. Mein Vater hatte deinen Vater angerufen.“
„Ich verdanke deinem Vater die ….“
Fassungslos starrt Gaby Kassandra an.
„Ich verdanke deinem Vater die ….“
Fassungslos starrt Gaby Kassandra an.
„Ich
verdanke deinem Vater, dass ich eine Woche auf dem Bauch geschlafen habe?“
„Warum
bist du danach nicht dagewesen für mich?“
In
Gabys Augen sammeln sich die Tränen.
„Warum?
Ich hab dich gebraucht, verdammt noch mal!“
In
diesem Moment holt Gaby aus und all die Wut, Enttäuschung, Traurigkeit und all
der Schmerz entluden sich in einer schallenden Ohrfeige auf Kassandra´s Wange.
Diese
bleibt wie in Stein gemeißelt stehen.
„Weißt
du es wirklich nicht?“
„Nein,
verdammt noch mal!“
„Gut,
dann kann ich ja gehen.“
„Ich
weiß, im Gehen hast du Übung.“
Voller
Zynismus schleudert Gaby ihrer Ex die Worte entgegen.
„So
wie du noch immer im Park wartest!“
„Nein,
nicht mehr Kassandra, deine kleine Träumerin wartet nicht mehr im Park auf Mr.
Right!“
„Nein?“
„Nein,
deine kleine Träumerin hat auf dich gewartet, Mrs. Right!“
Tränen
schossen Gaby in die Augen, all ihr Widerstand zerbrach. Diese Frau, welche ihr
Leben damals so stark verändert hat.
„Weißt
du was viel mehr weh getan hat als die Schläge meines Vaters?“
Kassandra
Heinze schüttelt den Kopf, ihre Lippen
zusammen gekniffen. Ihr Gesicht zu einer Maske erstarrt.
„Dass
ich das alles umsonst aushalten musste.“
In
diesem Moment liefen bei Gaby die Tränen in Sturzbächen die Wangen herunter.
Kassandra wollte auf sie zugehen, sie in den Arm nehmen.
„Fass
mich nicht an!“, faucht Gaby sie nur an.
„Weißt
du, das einzige was mich innerlich aufrecht stehen ließ dabei, war das Wissen,
dass du hinter her für mich da bist. Das wir beide irgendwann mal über all das
Erlebte lachen können. Sieht das aus als wenn ich darüber lachen kann?“
„Alleine
Lachen ist auch nicht so befreiend, Träumerin.“
„Hör
auf damit, die Zeit der Träumereien ist lange vorbei.“
„Und
warum nimmt es dich immer noch so mit? Ich meine, irgendwas scheint dir diese
Zeit ja zu bedeuten. Ansonsten würdest du nicht so….“
„…So
ausrasten und dir eine scheuern?“
„Ja.“
„Geh!
Verschwinde aus meinem Leben. Endgültig!“
„Das
kann ich nicht, Träumerin.“
„Warum
nicht?“
„Weil
ich dich immer noch liebe. Ich habe nie aufgehört dich zu lieben.“
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